26. Januar 2013

Wenn man mal so etwas hat, wie ich es habe, dann denkt man etwas anders als sonst.

Was war denn da noch? Was könnte noch sein? Gibt es doch noch irgendwie im Körper „etwas“, was da eigentlich nicht sein sollte. Muss ich vor diesem „Etwas“ Angst haben? Ach ja! Da war doch noch dieser Polyp. Diese polypöse Veränderung an den Stimmbändern. Ich ging daher letzte Woche wieder zum HNO-Arzt.

Er schaute mir ganz tief – nein – nicht in die Augen – er schaute mir in den Hals. Bis hin zu den Stimmbändern. Und wieder fand er die „polypöse Veränderung“ an den Stimmbändern. Sie sei harmlos. Dann erst erzählte ich ihm von meiner Krankheit. Er wurde unsicher. Das Gespräch, was sonst sicherlich nur wenige Minuten gedauert hätte, zog sich dann länger hin. Ich kannte mich ja mittlerweile aus. Ich wusste, was ich hatte, ich wusste, was getan werden wird.

Aber was ist mit dem Polypen? Ist der eventuell doch nicht so harmlos? Der Arzt war immer noch der Meinung, dass es ein guter Polyp sei, aber so ganz sicher klang er nicht mehr.

Er schickte mich zum MRT. Man solle mal den ganzen Bereich mit dem MRT aufnehmen. Hals, Mediastinum, Thorax. Sollte ich mich dagegen wehren? Nein, warum auch. Ein MRT kann nicht schaden. Es kann vielleicht die Unsicherheit etwas verkleinern.

Also wurde ein Termin zum MRT vereinbart. Dieser Termin liegt jetzt 4 Tage zurück. Es brummt, es knattert, es brummt, es knattert. Eine halbe Stunde lang lag ich in der Röhre. Es war angenehm. Man kann so ruhig liegen. Man muss sogar ruhig liegen. Ich fand es erholsam. Gut ausgeruht entstieg ich dem MRT.

Kurz danach dann das Ergebnis. Den Polypen am Stimmband kann man so wohl nicht abbilden. Rund um den Polypen herum hat man aber nichts gefunden. Keine vergrößerten Lymphknoten oder was man sonst noch so finden könnte. Das klingt doch schon mal gut.
Na, etwas hat er dann doch gefunden. Zum einen gab es etwas, was an der Lunge zu sehen war. Es sei aber wahrscheinlich, dass es sich dabei um nichts Schlechtes handele, sondern um ein Relikt von einer Entzündung. Das solle man im Vergleich mit dem vorher gemachten CT noch mal abklären. Nun gut.

Außerdem fand man einen vergrößerten „grenzwertigen“ Lymphknoten, knapp 1 cm groß. Diese enthalte aber noch einen sichtbaren zentralen „Fetthilus“. Das sei ein Zeichen dafür, dass er gutartig sein. Nun gut.

Klingt also insgesamt gar nicht schlecht. Klingt eigentlich sogar richtig gut.

Think positive! Und das, obwohl ich Bjartes Trikot an dem Tag gar nicht dabei hatte.
Aber ganz ehrlich: Das darf nicht wieder passieren! Zur nächtsten Untersuchung muss Bjarte wieder mit. Man darf ja nicht zu viel dem Zufall überlassen.

Gut’s Nächtle!

Veröffentlicht unter Uncategorized | Schreib einen Kommentar

24. Januar 2013

Hallo,

lange nichts geschrieben! Was heisst denn das? Ist das gut oder ist das schlecht?

Tja, das weiss keiner so genau. Aber das Leben hat mich zurück. Na ja, das Leben hat mich vorübergehend zurück.

Seit 14 Tagen bin ich wieder bei der Arbeit. Ist das gut? Oder ist das schlecht? Das weiss keiner so genau. Ich kann aber auf jeden Fall sagen, das es eine ganze Reihe von Leuten gibt, die nicht verstehen könne, dass ich es mir schon wieder jeden Tag antue, zwei Stunden lange im Auto zu sitzen, um zur Arbeitsstelle nach Heidelberg und dann wieder zurück zu fahren. Und dann noch mehr als acht Stunden täglich an der Arbeitsstelle zu verbringen. Das kostet nicht nur Zeit, sondern auch viel Geld.

Dieses Unverständnis kommt mir nicht nur im privaten Kreis entgegen. Auch eine ganze Reihe von Arbeitskollegen sagen mir klar und deutlich, dass sie nicht verstehen, mich schon wieder bei der Arbeit zu sehen.

Natürlich würde mich mein Hausarzt sofort krank schreiben. Auch länger. Und manchmal frage ich mich selber, warum ich das nicht mache. Aber ich arbeite gerne. Ich arbeite nicht, um mich abzulenken von der Krankheit. Nein, ich arbeite, weil ich gerne arbeite. Auch der eine oder andere Abend zuhause geht – wie in alten Zeiten – wieder für dienstliche Dinge drauf. Das ist dann auch der Grund, weshalb hier so lange nichts geschrieben stand.

Dennoch ist viel passiert. Nachdem ich wieder „unter Menschen“ war, habe ich spüren dürfen, dass ich krank bin. Warum habe ich das spüren dürfen? Weil ich gespürt habe, dass man ein anderer Mensch ist, wenn man Krebs hat. Man spürt das bei jeder Begegnung. Die Menschen begegnen mir anders als früher. Sie sind unsicher. Sie wissen nicht, wie sie sich verhalten sollen.

Ich hatte sowohl im privaten als auch im dienstlichen Bekanntenkreis von meinem Blog berichtet. Ich wollte nicht JEDEM erklären müssen, wie es um mich steht. Das wäre sicherlich auf die Dauer sehr anstrengend gewesen. Auf diese Art und Weise sind viele Leute infomiert, ohne dass ich viel reden muss.

Trotzdem: Ich spüre es. Täglich. Durchgehend. Immer. Man verhält sich anders als sonst. Man ist unsicher. Man weiss nicht, wie man mir begegnen soll. Es gibt Menschen, die haben nur anfänglich Probleme mit der Begegnung. Ich versuche, mich normal zu verhalten. Ich habe nichts Ansteckendes, ich bin nicht allgemeingefährlich. Wenn die Leute ihre Unsicherheit verloren haben, dann wird es wieder „normal“. Soweit man von „normal“ reden kann.

Der erste Arbeitstag strengt mich am meisten an. Viele Leute kommen zu mir. Man ist dann irgendwann doch etwas neugierig und möchte mehr erfahren, als im Blog steht. Aber so ganz viel mehr gibt es gar nicht zu berichten.

Es gibt ganz unterschiedliche Begegnungen. Es gibt sogar Leute, die sich auf dem Flur schnell wegdrehen und das Weite suchen. Solche Begegnungen sind dann doch etwa bizarr. Es gibt aber auch Kollegen und auch Studenten, die zu mir kommen und tief betroffen sind. Vielleicht sogar mehr, als ich es zur Zeit bin. Einer davon stand mit Tränen in den Augen vor mir. Hier durfte ich trösten und nicht umgekehrt.
Insgesamt gibt es aber viele gute Gespräche. Ich erhalte auch viele Mails, in denen man mir Mut zuspricht. Das tut gut. Das baut auf.

Ist alles aufbauend? Ist alles gut? Nein, leider nicht. Sehr bald bin ich wieder auf dem Boden der Tatsachen. Der ganz normale Alltag an der Arbeitsstelle hat mich wieder eingeholt. Eine Person, von der ich erwartet hätte, dass sie am ersten Tag meiner Rückkehr bei mir auflaufen würde, lässt sich geschlagene 4 Tage Zeit, bis sie bei mir erscheint. Darüber war ich – gelinde gesagt – sehr verwundert. Das lässt auch tief blicken. Auch das dann folgende Gespräch war wenig erbaulich. Es dauerte nur wenige Minuten, da hatten wir uns dermaßen in der Wolle, dass ich – zum Schutz meines Nervenkostüms – das „Gespräch“ beendete. Es ist die einzige Person – wirklich die einzige – die es immer wieder schafft, mich zur Explosion zu bringen. Und wenn ich explodiere, dann richtig. So etwas braucht man nicht jeden Tag.

Glücklicherweise ist dies die Ausnahme. Die große Ausnahme. Alle anderen Begegnungen waren positiv, waren konstruktiv, waren aufbauend. Trotzdem merke ich, dass es den Leuten am besten geht, wenn man nicht über das Thema spricht. Ähnliche Erfahrungen hat auch ein Student gemacht, der mir berichtet. Sein Vater hatte die gleiche Krankheit wie ich. Sechs Wochen nach der Diagnose ist er verstorben. Man konnte nichts mehr machen. Da steht man dann da und ist beschämt. Ich habe – so hoffe ich – vielleicht noch einmal Glück gehabt. Ich würde es allen wünschen, so viel Glück zu haben. Ich habe ja das Trikot – das Trikot von Bjarte.

Am einfachsten ist es mit den Studenten. Und mit denen hatte ich in den beiden ersten Wochen mehr als genug zu tun. Natürlich wussten sie bescheid. Alle wussten es. Kurzes Raunen, wenn ich beim ersten Mal den Raum zum Unterricht betrete, aber dann ist Ruhe. Ja, vielleicht sind sie etwas ruhiger und etwas aufmerksamer als sonst. Aber das ist gut so und so kann es bleiben. Insgesamt habe ich zwei Wochen mit viel viel Arbeit hinter mir. Diese beiden Wochen haben mir – bis auf eine Ausnahme – viel Spaß gemacht.

Es gibt noch viel mehr zu berichten. Neben der Arbeit hat sich nämlich noch einiges zugetragen. Und auch das Krankenhaus wartet demnächst wieder darauf, dass ich mich dort sehen lasse. Also darf die Anspannung so ganz allmählich wieder in mir hochkrabbeln. Wie wird es aussehen in mir? Was wird man sehen? Hoffentlich wird es gut sein!

Veröffentlicht unter Uncategorized | Schreib einen Kommentar

11. Januar 2013

Kommen wir auf den Boden der Tatsachen zurück.

Wie sagte der Arzt am 21.12.2012? Krebs ist wie schwanger sein. Entweder man ist es oder man ist es nicht. Entweder man hat es oder man hat es nicht. Ein bisschen schwanger geht halt nicht. Und ein bisschen Krebs auch nicht.

Eine Schwangerschaft kann abbrechen. Sollte man nicht, kann man aber. Bei Krebs ist es umgekehrt. Man sollte, kann aber nicht. Das ist ärgerlich. Aber so isses nu mal.

Wie kann ich aber mein gutes Gefühl konservieren. Vielleicht versuche ich es einmal mit ein klein wenig Statistik und mit Fakten.

Ich leide an Speiseröhrenkrebs. Einer Krankheit, die in den letzten Jahrzehnten wohl immer häufiger wird. Jedes Jahr erkranken etwa 5 von 100.000 Menschen an dieser Krankheit. In 20 Jahren sind das also schon etwa 100 von 100.000. Das ist eine ganze Menge. Da gibt es dann auch viele Leute, die sich mit so etwas beschäftigen.

Ganz anders als bei einer anderen Krankheit, die bei uns in der kleinen Familie vor einigen Jahren Einzug gehalten hat. Das „Kleine-Levin-Syndrom“ (KLS) ist eine Schlafkrankheit, von der unsere Tochter Mona heimgesucht wird. Die Krankheit tritt sporadisch immer mal wieder für einige Wochen auf. In dieser Zeit bestimmt die Krankheit das Leben in unserer Familie. Aber diese Krankheit geht wieder vorbei und dann ist alles wieder normal. Sie ist aber selten, sehr sehr selten. So selten, dass sich kaum jemand damit beschäftigt. Es lohnt sich nicht. Man kann damit kein Geld verdienen. Ist ja auch verständlich.

Bei mir ist das anders. Viele andere Menschen haben meine Krankheit. Und diese Krankheit ist – im Gegensatz zu KLS – in vielen Fällen tödlich. Und daher ist es auch wichtiger, sich mit dieser Krankheit intensiver zu beschäftigen.

Was steht bei Wikipedia?

Der Speiseröhrenkrebs oder das Ösophaguskarzinom ist eine seltene maligne Neoplasie des Oesophagusepithels. Am häufigsten sind Männer über 55 Jahre betroffen. Die Aussicht auf vollständige Heilung von Speiseröhrenkrebs ist gewöhnlich klein, aber sie wird umso besser, je früher der Krebs erkannt wird. Generell unterscheidet man beim Ösophaguskarzinom zwischen dem Plattenepithelkarzinom (ca. 80 %) und dem Adenokarzinom (ca. 20 %, Tendenz steigend)

Ich habe ein Adenokarzinom. Oder sollte ich sagen: „Ich hatte ein Adenokarzinom“?

Richtig ist, das Speiseröhrenkrebs sich vor Ort rapide ausweitet. Oft sind die Symptome nicht charakteristisch. Deshalb wird die Krankheit oft erst sehr spät entdeckt. Und dann wird es schwierig. Die Prognosen sinken dann schnell. Dann sind die Eingriffe heftig, sehr heftig. Und es gibt ausreichend Fälle, bei denen eine Operation nicht mehr möglich ist. Wie unendlich viel Glück habe ich gehabt, dass mein Tumor so früh entdeckt wurde?

Es gibt kein Mittel, um diese Art von Krebs zu verhindern. Man kann das Risiko mindern, indem man nicht raucht und wenig Alkohol trinkt. Sehr heisse Speisen wirken eher fördernd für die Krankheit. Deshalb ist die Krankheit wohl auch im Fernen Osten stärker verbreitet als bei uns.

Ein großer Risikofaktor für den Speiseröhrenkrebs ist die Refluxkrankheit bzw. die entzündliche Refluxkrankheit. Der Pförtner zum Magen schließt nicht richtig und die Magensäure kann in die Speiseröhre gelangen. Das Problem hatte ich seit vielen Jahren. Jahrelang habe ich Magentabletten genommen. Dann ging es. Bis schließlich meine Ärztin mir sagte, man solle das mal überprüfen lassen.

Ich ging zum Gastroenteorologen. Der machte eine Magenspiegelung durch die Nase. Angenehme Sache. Man kann sogar schwätzen während der Untersuchung. Und wer mich kennt, der weiß, dass ich gern und viel – manchmal zu viel – schwätze. Man entdeckte gleich bei der ersten Untersuchung, dass ich an Barrett-Ösophagus leide. Barrett ist ein Arzt gewesen, der diese Krankheit 1957 beschrieben hat.

Wenn man heute Menschen untersucht, dann haben von denen zwischen 1 %und 4 % diese Krankheit. Die Damenwelt ist dabei weniger betroffen. Alkohol und Nikotin spielen eine Rolle. Auch der Helicobakter pylori, ein Bakterium, dass viele Menschen im Magen haben, soll fördernd wirken. Ich nenne die Krankheit ab jetzt einfach mal entzündliche Magen-Rückfluss-Krankheit. Bei diese Krankheit hat bereits eine Veränderung der äußeren Schleimhautschicht der unteren Speiseröhre stattgefunden.

Von 1376 untersuchten Patienten mit der entzündlichen Magen-Rückfluss-Krankheit wurde in einer Studie von Sharma (2006, Gastroenteorology 131: 1392-1399) bei 6.6% ein Karzinom gefunden. Eine Vorstufe dazu hatten etwa 10% der Patienten ausgebildet.

Diese Krankheit, die mögliche Vorstufe zum Krebs, hatte ich also. Sie wurde vor einigen Jahren festgestellt. Ich bekam ein Medikament verschrieben, dass ein so genannter Protonenhemmer ist. Protonen sind nichts anderes als Wasserstoffionen (H+). Die bedeuten letztlich nichts anderes als die Magensäure. Im Magen wird das Essen durch die Magensäure „verdaut“. Kaum habe ich die Tabletten eingenommen, da waren sofort meine Probleme mit dem Sodbrennen vorbei. Ich nahm eine Tablette morgens und eine am Abend. Ich konnte wieder problemlos schlafen. Zunächst hatte ich ein paar Probleme mit der Verdauung. Aber auch das gab sich nach einiger Zeit. Die Verdauung wird bei Einnahme dieser Pillen dann wohl weiter nach unten verlagert.

Jedes Jahr ging es zur Kontrolle. Wer eine entzündliche Magen-Rückfluss-Krankheit hat, der hat ein deutlich erhöhtes Risiko für eine spätere Erkrankung an Speiseröhrenkrebs. Vorsorgeuntersuchungen sind also wichtig. Dreimal wurde die Untersuchung gemacht und es wurde nichts festgestellt. Die Krankheit wurde besser und ich bekam eine Reduktion in der Menge der Tabletten. Ich sollte nur noch morgens eine Tablette nehmen.

Vielleicht war das im Nachhinein ein Fehler, denn die Tabletten scheinen die Säurebildung nicht für 24 Stunden zu unterbinden. So kann es sein, dass ich nachts, also lange nach der Einnahme, wieder einen Rückfluss hatte. Das spürte ich aber nicht. Es ging mir ja gut und ich hatte keine Probleme. Man wird auch mal schlampig und vergisst die Tablette. Aber nicht wirklich oft.

Die letzten Magenspiegelungen im Januar 2010 und im Sommer 2011 hatten keine Probleme gezeigt. Mein Arzt bestand aber darauf, dass wie die Untersuchung beim nächsten Mal durch den Mund machen. Ich hatte davor Angst, weil man immer so viel schlechtes gehört hatte. Diese Angst war völlig unbegründet. Man spürt von der Untersuchung NICHTS. Ich hätte dass im Nachhinein schon früher so machen sollen.

Im Herbst 2012 hatte ich dann verstärkt Halsweh. Es war lang andauernd und heftig. Nichts half. Kein Antibiotikum, keine Lutschtabletten.  Der HNO-Arzt stellte eine „polypöse Veränderung“ an den Stimmbändern fest, die er mit Kortison behandelte. Nach einem Monat wurde es besser, der Polyp ging (angeblich) etwas zurück. Es wurde aber nicht wirklich besser. Heute habe ich übrigens den Eindruck, dass die Halsschmerzen besser geworden sind. Gibt es da einen Zusammenhang? In der Fachliteratur wird so etwas diskutiert, ist aber wohl klinisch nicht eindeutig beweisbar.

Zurück zu meiner Krankheit. Ich hatte also jahrelang die entzündliche Magen-Rückfluss-Krankheit, die mir keine Probleme bereitete.

Heute weiss ich aus Literaturstudien, dass es verschiedenen Stufen von Speiseröhrenkrebs gibt und das diese Stufen sich aus meiner Krankheit entwickeln können. Die verschiedenen Stufen der Entwicklung möchte ich jetzt ein klein wenig beleuchten.

Ich habe dazu eine Reihe von deutsch- und englischsprachigen wissenschaftlichen Publikationen durchgearbeitet und möchte hier einige meiner Eindrücke erläutern.

In einer Arbeit in der Zeitschrift Viszeralmedizin (Band 27, Seite 152 – 156) schreibt Frau Prof. May aus Wiesbaden in ihrer Zusammenfassung:

Zusammenfassung

Der Barrett-Ösophagus und die Barrett-Neoplasie sind als Komplikationen der chronischen gastroösophagealen Refluxerkrankung zu werten. Zwar handelt es sich bei dem Barrett-Ösophagus um eine Präkanzerose, aber die Entartungsrate ist so niedrig, dass die endoskopische Therapie eines nicht neoplastisch veränderten BarrettÖsophagus im Sinne einer Karzinomprophylaxe nicht indiziert ist. Bei nachgewiesener früher Barrett-Neoplasie (hochgradige intraepitheliale Neoplasie, mukosales Barrett-Karzinom) sollte eine sogenannte Zweischritttherapie erfolgen. Zunächst die endoskopische Resektion (ER) aller lokalisierbaren Läsionen, da das gewonnene Resektat histologisch untersucht werden kann und somit eine genaue Aussage über die Tumorinfiltrationstiefe sowie die Invasion der Lymph- und/oder Blutgefäße ermöglicht. Nachdem die neoplastischen Barrett-Areale reseziert sind und eine komplette lokale Remission erreicht ist, erfolgt der zweite Schritt in Form der Ablation der verbliebenen nicht neoplastischen Barrett-Schleimhaut mittels thermischer Destruktion. Durch diesen zweiten Schritt kann die Rate an metachronen und Rezidiv-Neoplasien drastisch gesenkt werden. Destruierende Verfahren sollten nur auxiliär als Ergänzung der ER zum Einsatz kommen. Die photodynamische Therapie spielt heutzutage keine Rolle mehr.

 

Verstanden? Wirklich verstanden? Ich habe etwas länger gebraucht. Aber so reden die Mediziner halt. Ich bin ja auch von der Gilde der Wissenschaftler und ich rede auf meinem Gebiet sicherlich genau so und merke es gar nicht. Ich werde jetzt mal versuchen, den oben stehenden Text so zu übersetzen, dass es auch der normal sterbliche Mensch verstehen kann.

Zusammenfassung

Die entzündliche Magen-Rückfluss-Krankheit und der Speiseröhrenkrebs sind als mögliche Folgen der chronischen  Magen-Refluxerkrankung zu werten. Zwar handelt es sich bei der entzündliche Magen-Rückfluss-Krankheit um eine Vorform des Krebses, aber die Krebsbildungssrate ist so niedrig, dass die endoskopische Abtragung einer nicht krebsartig  veränderten entzündlichen Magen-Rückfluss-Krankheit im Rahmen der Krebsvorsorge nicht angebracht ist. Bei nachgewiesenem Speiseröhrenkrebs im Frühstadium sollte eine Therapie in zwei Schritten erfolgen. Zunächst wird die endoskopische Entfernung des Tumors vorgenommen. Der entnommene Tumor wird dann untersucht, damit man eine genaue Aussage über seine  Eindringtiefe machen kann. Hier kann man auch feststellen, ob Lymph- oder Blutgefäße betroffen sind.  Nachdem der Speiseröhrenkrebs entfernt ist, erfolgt der zweite Schritt in Form der Abtragung der verbliebenen krebsfreien Schleimhaut mittels einer „Verkochung“. Durch diesen zweiten Schritt kann die Rate an erneuter Bildung von Speiseröhrenkrebs drastisch gesenkt werden. Diese Methode sollte nur dann zum Einsatz kommen, wenn man den Tumor vorher endoskopisch entfernt hat. 

Besser? Ich hoffe, keine Fehler gemacht zu haben. Falls doch, dann möge man mich bitte korrigieren. Vielleicht liest das hier ja mal ein Arzt.

Okay, also gehen wir mal davon aus, das ein Patient – so wie ich – eine entzündliche Magen-Rückfluss-Krankheit hatte. In diesem Fall ist es so, dass er ein Risiko von 0.5% bis 1 % hat, an Speiseröhrenkrebs zu erkranken. Pro Patientenjahr! Das ist viel, verdammt viel. Das ist dann wohl auch der Grund für die regelmäßige Vorsorge. Und bei mir scheint sich das gelohnt zu haben.

In der oben zitierten Arbeit von Frau Prof. May steht dann zu lesen:

Unter Abwägung des sehr niedrigen Karzinomrisikos, der potenziellen Komplikationen nach endoskopischer Therapie und des meist inkompletten Ablationserfolgs, verbunden mit der Notwendigkeit fortgesetzter Überwachung, ist eine endoskopische Therapie des nicht neoplastischen Barrett- Ösophagus als Karzinomprophylaxe nicht gerechtfertigt
und nicht indiziert.

Ups! Was heisst das? Das heißt, dass es keinen Sinn macht, eine stark entzündete bzw. schon veränderte Schleimhaut in der Speiseröhre zu entfernen in dem Stadium, in dem noch kein Krebs da ist. Erst wenn der Krebs tatsächlich da ist, dann macht demnach – wie bei mir – eine Abtragung Sinn. Wenn man länger darüber nachdenkt, dann ist diese Aussage auch richtig. Da dürften wohl auch Kostengründe eine Rolle spielen.

In einer Publkation von Prof. Schöfl (Gastroenteorol. Hepatl Erkr 2011: 9 (3)) ist zu dem Thema zu lesen, dass es sinnvoll sein könnte,  innerhalb der Gruppe der Patienten mit dieser Krankheit „Risikogruppen“ zu definieren. So etwa Patienten mit besonders langem Barrett oder relativ junge Leute (dazu zähle ich wohl). Schöfl argwöhnt, dass ansonsten die Entfernung des Barretts aus der Speiseröhre zum „Tummelplatz von ängstlichen Patienten und zum Aktivismus neigenden Ärzten“ werden könnte. Das kann ich mir sehr gut vorstellen. Jeder, der ein Barrett (Sorry: eine entzündliche Magen-Reflx-Krankheit) hat, läuft zum Doc und will die rausgemacht haben.

Aber das alleine würde ja nicht helfen, denn man müsste auch später regelmäßig die Kontrollen machen lassen. Also wäre nicht wirklich etwas gewonnen.

Somit verstehe ich die von mir gelesene Literatur so, dass der Aufwand für eine Entfernung des Barretts erst dann gerechtfertigt ist, wenn der Krebs einmal da ist. Vorher nicht. Da darf man dann als Patient auch mal zu Ende denken. Okay, ich scheine Glück gehabt zu haben. Aber was ist mit den Menschen, bei denen die Krebserkrankung – wegen des schnellen Fortschreitens – erst zu einem Zeitpunkt entdeckt wird, bei dem schon eine Streuung in tiefere Schichten erfolgt ist? Da gibt es dann große Probleme!

Hier sind die Ärzte gefordert, eine Lösung zu finden, die sowohl die ethischen als auch die finanziellen Aspekte berücksichtigt. Ich gebe zu, froh zu sein, solche Entscheidungen nicht treffen zu müssen.

 

Einstufung der verschiedenen Grade beim Barrett Ösophagus

In der Arbeit von Frau Prof. May (s.o.) werden eine Reihe von unterschiedlichen Stadien bei der Krankheit der Speiseröhre beschrieben.

Folgende Tabelle habe ich dort gefunden:

Demnach gibt es 5 verschiedene Stadien, in denen sich die Speiseröhre befinden kann. Ich befinde mit demnach genau in der Mitte beim Mukosalen Karzinom.

Lange Zeit war ich im obersten Teil, beim „nicht neoplastischen Barrett-Ösophagus“. Dieses Stadium muss überwacht werden. Die zweite Stufe, die „niedriggradige intraepitheliale Neoplasie (LGIN)“ hat man bei mir nicht gesehen. Die habe ich wohl mal gehabt, aber die wurde nicht gesehen. In dem Stadium hätte man schon die Sache entfernen können. Im mittleren Teil ist die Neoplasie dann hochgradig (HGIN). In die gleiche Kategorie gehört dann aber auch die erste und die zweite Stufe des Krebses, die bei mir gefunden wurde. Beide Stufen werden in zwei Schritten behandelt. Zum einen wird das Böse entfernt und zum anderen wird die verbliebene Schleimhaut entfernt. Das ging früher mit einer Methode namens APC, heute wird das mit der Radio-Frequenz-Ablation (RFA) gemacht.  Das steht mir noch bevor.

Wenn der Tumor „submukosal“ ist, also etwas weiter eingedrungen ist, dann kann ebenfalls noch die eben beschriebene Methode angewandt werden. Die Ergebnisse sind dann ähnlich gut.

Wenn schon eine Metastasierung stattgefunden hat, dann ist man beim letzten Fall. Dann ist die Operation das Mittel der Wahl. Dann ist das Risiko dea Lymphknotenbefalls hoch. Viele Patienten werden leider erst in dieser Phase diagnostiziert.

Ich habe die Hoffnung, dass ich auf der mittleren Stufe bin und das diese Diagnose sich dauerhaft als die Richtige erweisen wird.

Wenn die Diagnose stimmt, dann habe ich (laut Stöfl, s.o.) ein Rückfallriskio von 30% innerhalb der nächsten 3 Jahre. Dann nämlich, wenn an anderer Stelle in der Speiseröhre noch etwas verblieben ist.

Hier kommt jetzt die RFA-Methode zum Einsatz, die diese 30%-ige Wahrscheinlichkeit deutlich reduzieren soll und kann.

Radio-Frequenz-Ablation

Über diese Methode habe ich im Internet zunächst sehr viel in Bezug auf die Behandlung von Leberkarzinomen gefunden. Dort ist die Methode wohl schon länger etabliert.

Ein Vorgänger der RFA-Methode war die sogenannte photodynamische Therapie, die an Bedeutung verliert. Eine noch neuere Methode, die noch nicht weit verbreitet ist, ist die sogenannte Kryotherapie.

Wie funktioniert die RFA? Es klingt eigentlich ganz einfach.

Eigentlich ist es so ähnlich wie bei Gyros oder Döner. Dort dreht sich das Fleisch an einem Spieß und wird von außen erhitzt und gegart. Und schmeckt es hinterher in der Regel gut.

Bei RFA ist es genau umgekehrt. Da ist das „Fleisch“ außen und die Erhitzung erfolgt von innen. In der folgenden Abbildung, die ich bei www.barrx.com gefunden habe, ist das Instrument abgebildet.

Link im Internet (Broschure):
Link zur Broschure über das Halo-System

Der Ballon wird eingeführt und an die betreffende Stelle gebracht. Dann wird gebrutzelt. Die oberste Schicht der Schleimhaut wird regelrecht verkocht. Bilder, die ich davon gesehen habe, sehen in der Tat aus, wie von einem frisch angefangenen Gyros-Spieß. Umgekehrt halt!

Die aktuellen Studien zeigen, dass mit dieser Methode die Neubildung von Karzinomen in der Speiseröhre mit sehr guten Erfolg verhindert werden kann. Zwar liegen noch keine wirklichen Langzeitstudien vor, aber die bisher vorliegenden Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Methode eine langfristige Verbesserung bringt. Es scheint sogar so zu sein, dass sich wieder eine „geheilte“ Schleimhautschicht bildet. Das verlangt aber den kontinuierlichen Einsatz von Säurehemmern. Aber die nehme ich ja sowieso schon länger.

Die Rückfallrate ist dann – mit nachgeschalteter RFA – bei etwa 2%. Und das ist viel weniger als die oben genannten 30%.

Klingt doch gut und ich hätte nichts dagegen, wenn es mir in diesem Fall so geht, wie vielen anderen, die vor mir mit dieser Therapie behandelt worden sind.

Also: Ich habe Krebs. Ein bisschen Krebs geht nicht. Entweder man hat es oder man hat es nicht. Aber ich habe – nach meinem heutigen Wissensstand – eine gute Chance, dass es mit mir gut weiter geht.

Ich wünsche allen Menschen, die an einem Barrett-Ösophagus leiden, dass bei ihnen ein mögliches Karzinom frühzeitig erkannt wird. Dazu sollten sie auf jeden Fall regelmäßig zur Vorsorgeuntersuchungen gehen. Das ist in diesem Fall lebenswichtig.

Schluss mit diesem Kapitel. Vielleicht ergänze ich später an dieser Stelle noch mal etwas.

Veröffentlicht unter Uncategorized | Ein Kommentar