8. Februar 2013

Es verging ja nicht wirklich viel Zeit seit meinem letzten Eintrag. Aber leider habe ich schon wieder etwas zu berichten. Ist nicht ganz so gut. Aber der Vollständigkeit halber sollte ich auch diese Sache berichten. Es ist etwas, was zum Nachdenken führt. Leider!

Ich mutiere zum Ärzte-Junkie. Kann ohne die Damen und Herren mit Doktortitel wohl nicht mehr leben. Dabei ist es mir ganz egal, wie und vor allem wann die zu ihrem Titel gekommen sind. Heute war ich wieder bei meinem HNO-Arzt. Mit dem hatte ich ja mein MRT zu besprechen.

Das ganze lief dann anders als, als ich mir das so vorgestellt hatte. Zunächst einmal freute er sich darüber, dass es rund um die Stimmbänder im MRT keine Stellen gab, die einen Krebsverdacht aufkommen ließen. Auch der Polyp an den Stimmbändern sei noch kleiner geworden. So weit, so gut. So weit, so sehr gut. So soll es sein, so soll es bleiben.

Und meinem dauerhaft leicht schmerzenden Hals stufte er als harmlos ein. Ich soll ein Nasenspray nehmen, um nachts weniger durch den Mund zu atmen. Meine Befürchtungen, dass sich die Boshaftigkeiten in der Speiseröhre mit dem entzündeten Hals allmählich nach oben arbeiten und dabei dann auch irgendwann ein Karzinom erzeugen, teilte er nicht. Da sah er keinerlei Problem. Für mein eigenes aktuelles Wohlbefinden ist allerdings der Hals – auch beim Sprechen – das größere Problem. Denn die Speiseröhre spüre ich nicht. Garantiert nicht. Aber den Hals schon. Und zwar jeden Tag.

Aber während der HNO-Arzt meinen Hals ganz problemlos fand, war das bei der Speiseröhre ganz und gar anders. Beim letzten Mal war er noch getroffen und erschrocken über meine Diagnose. Ich hatte darüber berichtet. In der Zwischenzeit habe er mit zwei Ärzten gesprochen. Einem guten Internisten und einem ebensolchen Allgemeinarzt. Beiden hatte er geschildert, was mit mir gemacht wurde und wie ich mir das mit der weiteren Behandlung vorstelle.

Als ich ihm dann noch sagte, dass bei der jüngsten Untersuchung wieder etwas gefunden worden sei, da konnte er nur noch mit dem Kopf schütteln. „Herr Meyer, sie haben ein Problem. Und dieses Problem müssen die bekämpfen.“

Dabei liess er mehr als unmissverständlich klar werden, dass er von den mit mir praktizierten Methoden nichts, aber auch gar nichts hält. Er konnte darüber trefflich erzählen und mich dann doch von meiner Wolke ziemlich herunter ziehen.

Ich erinnere mich nicht mehr ganz an seine Wortwahl, aber es klang so ähnlich wie „abenteuerlich“. Damit titulierte er die endoskopische Entfernung des Tumors. Man könne doch nicht so ein Ding einfach mit dem Endoskop entfernen. Und die Tatsache, dass man jetzt noch etwas gefunden habe, machte ihn da noch sicherer. Er hielt das für unverantwortlich.

Ich sitze auf dem Patientensessel und blicke bedröppelt in die Gegend. Ich versuche zu argumentieren. Es gäbe doch neueste wissenschaftliche Untersuchungen, in denen die Methode immer wieder sehr erfolgreich angewandt worden sei. Ich könne ihm die Literatur zeigen. Er war wenig beeindruckt. Papier sei geduldig und da könne man alles drauf drucken.

Ich sagte ihm, dass diese Artikel von renommierten Autoren von verschiedenen namhaften – auch universitären – Einrichtungen geschrieben worden seien. Das hinterließ bei ihm keinerlei Eindruck. So ein Institut könne doch gerade jeder machen und dann so etwas schreiben.

Starker Tobak! Aber er ist ein derber Brocken. Der sagt, was er denkt. Klar und deutlich. So liebe es es eigentlich. Auch ich bin in der Regel jemand, der klar und gerade heraus sagt, was er denkt und meint. Damit kann nicht jeder umgehen. Aber dann brauche ich mich auch nirgendwo verstecken.

Auch er war deutlich. Aber wie sollte ich das einordnen? Tatsache ist, dass mein HNO-Arzt von der alten Schule ist. Kein Weichei. Das hatte ich schon am ersten Tag gemerkt. Als ich auf seine Diagnose hin einen Vorschlag gemacht hatte, hatte er mich nur sehr ernst mit einem seitlichen Blick angeschaut und gefragt: „Wer ist hier der Arzt?“

Klare Auskunft! Er war der Meinung, dass er im Recht war. Lediglich beim letzten Mal, als ich von meinem Karzinom berichtete, wurde er unsicher. Von dieser Unsicherheit war heute nichts verblieben.

Das Ding muss raus! So war es früher auch immer. Und nur so kriegt man das Ding in den Griff. Das war sein Credo. Ein Schnitt oben und ein Schnitt unten. Den mittleren Teil nimmt man komplett raus. Der Rest wird in die Länge gezogen und miteinander verbunden. So war das früher und so solle man das machen.

Das saß ich nun ich armer Tor und war viel dummer als zuvor!

Ich hätte nun mal Krebs! Damit sei nicht zu spaßen. Damit experimentiere man nicht. Wenn da nur etwas drin bleibe, dann gehe es abwärts. Da helfe nur die radikale Methode.

Das saß ich nun ich armer Tor und war noch viel dummer als zuvor!

Was sollst Du nun glauben? Ich weiss es nicht.
Er nannte mir einen Chirurgen aus Karlsruhe. Der sei sehr gut und habe viel Erfahrung. Ich solle mir unbedingt noch eine weitere Meinung einholen. Erst danach solle ich entscheiden.

So! Und jetzt? Was mache ich jetzt? Ja, da schaue ich ja schön dumm aus der Wäsche!

Die Verunsicherung war deutlich. Grundsätzlich bin ich mir sicher, dass die Weiterentwicklung in der Medizin sehr große Fortschritte bringt. Jedes Jahr wird es besser. Und ich war eigentlich ganz sicher, dass dies auch für mein Verfahren gilt.

Klar ist: Mein HNO-Arzt hat keinerlei Ahnung von der Methode, die bei mir angewandt werden soll. Darum hatte er sich auch rückversichert. Aber seine Meinung war eindeutig. Klar und ablehnend.

Vor 40 Jahren habe ich in der Schule noch mit dem Rechenschieber gearbeitet. Später kam der einfache Taschenrechner. Dann der bessere Taschenrechner. Heute kann man fast alles mit eine Handy machen. Der Fortschritt ist nicht aufzuhalten.

Ist der Fortschritt an meinem HNO-Arzt vorbei gegangen. Nun ja, mit Computern hat er es nicht so. Er arbeitet noch mit Patientenkarten auf Pappzetteln. Und Fotos kann er von dem Bildern aus dem Hals auch nicht machen. Aber fachlich muss das ja nicht unbedingt ein Fehler sein. Manchmal spielt ja auch die Lebenserfahrung eine Rolle.

Mir ist klar: Nicht jeder Fortschritt ist ein Segen für die Menschheit. Aber eigentlich bin ich ein Freund des technischen Fortschrittes. Okay, man kann auch ohne Navi im Auto leben. Aber manchmal hilft es schon. Man kann auch ohne automatischen Türöffner an der Haustür leben. Aber manchmal wäre es schon gut, wenn die Tür von selbst aufgeht, wenn man mit einer schweren Kiste davor steht.

Egal! Jetzt hock ich da und man hat mich verunsichert. Aber so richtig. Ich liebe den Fortschritt und ich will, dass dieser Fortschritt mir hilft. Ich wünsche mir, dass es gelingt, mit dieser modernen Technik auch noch den letzten Krümel von diesem Krebs aus mir heraus zu holen. Und dann soll alles wieder gut verheilen.

So soll es sein! So wird es sein!

Aber ganz sicher bin ich nicht mehr……….

Dieser Beitrag wurde unter Uncategorized veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Eine Antwort zu 8. Februar 2013

  1. Oskar Weigand sagt:

    Hallo Peter,

    Ich sehe, dass es Aufs und Abs gibt. Mir gehen so viele Gedanke durch den Kopf.
    Dein HNO-Arzt kann gut oder schlecht sein, das will ich gar nicht diskutieren, aber wie Du es schon selbst erkannt hast, er kann nie allem nachkommen, was in der Forschung neu entdeckt wird. Es liegt an ihm, ob er da am Laufenden bleibt oder nicht.
    Wenn mich aber ein Artzt fragt, wer hier der Arzt ist, der kann sicher sein, dass es das letzte Mal war, dass er mich als Patient hat.
    Ich halte nicht viel von Ärzten. Aber darüber zu schreiben ist Zeitverschwendung.
    Lass Dich nicht von Leuten beraten, die Dir etwas abraten oder andere Techniken kritisieren, sondern von denen, die etwas empfehlen.
    In Deinem Forum wurde sehr viel erwähnt, wie z.B. Placebo. Dass da was dran ist, steht gar nicht zur Debatte. Somit ist die Psyche ein wichtiger Faktor.
    Deine Medizinischen Entscheidungen sind nicht einfach, und sie müssen trotzdem getroffen werden. Aber egal was Du entscheidest, Du solltest 100% mental damit einverstanden sein, und sehr überzeugt. Dann kann die Entscheidung gar nicht falsch sein. Mit Krebs experimentiert man nicht, so ungefähr sagte es Dir ein Artzt.
    Ich frage mich nur, was Ärzte dann mit den Krebspatienten machen? Ich habe noch nie so viel Ironie in einem Satz gesehen wie bei diesem Arzt….
    Ach ja, und noch ein Fall, der mich beeindruckt hat:
    En ehemaliger Shulfreund verlor seinen kleinen Bruder, der bei einem Motorradunfall ums Leben kam. Seine Eltern hatten zu dem Zeitpunkt kein Krebs.
    2 Jahre später sind beide Eltern an Krebs gestorben. Natürlich sind diese Aussagen nicht wissenschaftlich, aber es sollte zu denken geben, dass nicht alles aus Einsen und Nullen besteht.

    Gruß,

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert