13. November 2013

Man, ist da viel Zeit vergangen, seit ich das letzte Mal hier geschrieben habe. Und – ihr glaubt es nicht – ich lebe immer noch. Und ich bin quietschfidel. Im August durfte ich mal wieder ins Krankenhaus, um mein Inneres durchschauen zu lassen. Es gab keine Komplikationen. Seitdem sind wieder 3 Monate ins Land gegangen.

Und jetzt kriecht dann doch wieder so langsam ein leichtes Kribbeln in mich hinein. Es ist nicht stark, aber es ist da. Morgen geht es nämlich wieder ins Krankenhaus. Das Übliche. “Guten Tag Herr Meyer. Schlafen Sie gut, Herr Meyer”.
Man wird wieder in mich hineinschauen. Und ich kann nur hoffen, dass die letzten 3 Monate vergangen sind, ohne dass in meiner Speiseröhre wieder etwas gewachsen ist. Morgen um diese Zeit ist alles wieder vorbei und ich muss nur noch einige Tage warten, bis der finale Befund da ist.
So ist es nun mal. Diese Untersuchungen werden mich in den nächsten Monaten begleiten.

Seit meinem letzten Blogeintrag sind fast 5 Monate vergangen. Wie ging es mir seitdem? Gut!
Den ganzen Sommer über habe ich viel Arbeit gehabt. Keine Chance, über irgendwelche Krankheiten lange nachzudenken. Nicht dass es so wäre, dass ich mich mit Arbeit abgelenkt hätte. Nein, es gab viel Arbeit. Und nur selten wurde man mal an das erinnert, was da vielleicht in der Speiseröhre sein könnte. Wenn da was ist, wenn da was wäre, dann würde es auch keinen Sinn machen, den ganzen Tag darüber zu sinnieren. Davon wird nichts besser.

Den ganzen Sommer über – von einem kurzen schönen Urlaub zu unserer Silberhochzeit (zu zweit) unterbrochen – gab es an der Uni viel Arbeit. So schlimm war es noch nie, dass ich ununterbrochen intensiv arbeiten musste. Im Normalfall liess das Arbeitsaufkommen im Sommer, wenn alle Geologen im Gelände sind, etwas nach. Das war mir in diesem Jahr nicht vergönnt. Es war halt anstrengend. Interessiert hat es aber niemand. Solange der Meyer arbeitsmäßig funktioniert, ist das ja egal. Und er funktioniert und funktioniert und …….

Mir ging es dabei körperlich aber gut. Besser, viel besser als im Jahr davor. Der Weg zur Arbeit ist im Normalfall etwa 90 km. Mit dem Auto. Mit dem Fahrrad ist es etwas kürzer. Da habe ich mir überlegt, ich könnte ja mal mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren. Morgens um 5 Uhr ging es los. Es war warm und es war noch dunkel. Durch den Wald und dann am Rhein entlang führte mich mein Weg. Nur die Waldtiere waren meine morgendlichen Begleiter. Rehe überall. Ein schönes Bild. Unangenehm nur die vielen Schnecken, die meinen Weg kreuzten. Ich habe die Fahrt genossen. Allein, ganz allein. Ein übergewichtiger, an Krebs erkrankter Mann, der völlig untrainiert morgens mal eben so knapp 80 km mit den einfachen Tourenrad zur Arbeit fährt. Mein Sitzfleisch tat etwas weh, aber die Fahrt ging problemlos. Und ich hätte auch noch weiter fahren können. Problemlos!

Zugegeben, wir hatten vorher im Urlaub einmal geübt. Am Bodensee. Dort waren es sogar etwas mehr als 80 km. Allerdings mit einem Weichei-Fahrrad. Ein E-Bike. Hat Spaß gemacht, die vielen Leute zu überholen, die sich im Schweiße ihres Angesichtes die Steigungen hoch quälen mussten. Locker dran vorbei ging es. Ist ja zugegebenermaßen nicht ganz fair, aber das darf doch auch mal sein, oder? Insgesamt waren es dann aber doch so viele Kilometer, das wir – meine liebe Frau und ich – dann abends ziemlich fertig waren.

Im Frühjahr habe ich hier von meinem Hochbeet berichtet. Das Hochbeet, in dem so vieles wachsen soll. Ich habe auch Mutterboden bekommen. Mutterboden von Leuten, die meinen Blog über meine Krankheit gelesen haben. Dafür bedanke ich mich.
Und ihr könnt es mir glauben. Was das in diesem Jahr alles gewachsen, ist, kann man fast nicht glauben. Die dreiköpfige Familie Meyer war gar nicht in der Lage, all die Dinge zu essen, die da wuchsen und gediehen. Die gesamte Nachbarschaft ist mit satt geworden.

Die Freude an Familie und Garten einerseits, die viele – recht anstrengede – Arbeit an der Uni andererseits, haben dazu geführt, dass die Krankheit eigentlich ganz weit weg gerückt ist. So weit weg, dass sie schon fast vergessen war. Wäre da nicht dieser regelmäßig wiederkehrende Termin, an dem nachgeschaut werden muss, dann wäre das schon längst vergessen.

Wirklich? Nein, nicht wirklich. Denn es gibt eine Situaton, in der man immer wieder daran erinnert wird. Diese Situation kommt dann, wenn man von anderen Menschen hört, die auch diese böse Krankheit mit den 5 Buchstaben haben. Und von solchen Menschen hört man oft, zu oft. Und vielen von denen geht es schlechter als mir. Das ist nicht gut. Das macht einen traurig und betroffen.
Vielen ist es nicht vergönnt, sich von dieser Krankheit zu erholen. Wird es mir auch so gehen? Ich weiss es nicht. Ich hoffe es aber.

Vorgestern, am 11.11. durfte ich meinen Geburtstag feiern. Unspektatulär wie immer. Meyer und Geburtstag feiern. Das sind zwei Dinge, die nicht so richtig zusammen passen. Aber nach der bösen Diagnose vor einem Jahr ist es gut, einen Geburtstag erleben zu dürfen. Viele andere, bei denen diese Diagnose zu spät getroffen wurde, dürfen keinen Geburtstag mehr erleben.

Ich wünsche mir, noch viele Geburtstage erleben zu dürfen. Ich bin mir sicher, noch viele Geburtstage erleben zu dürfen.

Jetzt aber geht es erst einmal ins Krankenhaus. Routine! “Guten Tag, Herr Meyer! Schlafen Sie gut, Herr Meyer”

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